Auszüge aus einem Interview mit der Bloggerin Alexandra Künzler
vom Blogspot BÜCHERWAHNSINN:
Alexandra Künzler
Erzähl doch erstmal etwas von dir, wer bist du und wie bist du zum
Schreiben gekommen?
Bodo Lampe
Ich schreibe eigentlich schon immer, ich schätze seit ich ungefähr 10
bin. Zuerst Tagebücher, kleine Geschichten, Beobachtungen, auch
philosophische Sachen. Aber richtig professionell mache ich es erst seit
ungefähr 15 Jahren, seit ich aus der Wissenschaft ausgeschieden bin. Bis
ich 40 war, habe ich als Physiker in der Forschung gearbeitet, und bin
dann in die Informatikindustrie gewechselt.
Alexandra Künzler
Oh, das ist ja ne ganz andere Richtung. Erst etwas kopflastiges und
jetzt etwas fürs Gemüt. Vermisst du deine Arbeit als Wissenschaftler
nicht?
Bodo Lampe
Ja, ich bin da etwas gespalten. Meine jetzige Arbeit ist ein reiner
Brotberuf; dafür kann ich meine Freizeit zum Schreiben verwenden,
während man die Wissenschaft mit Haut und Haar betreiben muss, so dass
mir zum Romane schreiben damals keine Zeit blieb.
Alexandra Künzler
Was war denn der ausschlaggebende Impuls für den Roman Trojaner?
Bodo Lampe
Das hat sich alles so entwickelt. Eigentlich geht mein ganzes Schreiben
auf diesen Roman hin. Ich habe mit Kurzgeschichten angefangen, das waren
- im Nachhinein betrachtet - aber nur Fingerübungen, und bin dann zu
längeren Texten übergegangen, und irgendwann hatte ich das Gefühl, ich
will etwas Längeres schreiben, etwas wirklich Bedeutsames, das alles
enthält, die Gegenwart und alle Erfahrungen, die ich in meinem Leben
gemacht habe, und daraus ist dann dieser Roman entstanden.
Ich möchte noch hinzufügen: ein wichtiger Impuls für mein Schreiben ist
Angst. Die Angst, nach dem Tod vergessen zu werden, dass all mein
Schaffen vergeblich gewesen ist, und gegen diese Angst schreibe ich an.
Alexandra Künzler
Was muss man denn unter Experimentalroman verstehen? Ist der Roman nur
für eine bestimmte Zielgruppe geeignet?
Bodo Lampe
Er wird niemals eine sehr große Leserschaft haben, so viel ist sicher,
weil einige Abschnitte schwer zu lesen und zu verstehen sind, allein von
der Sprache her; aber eine bestimmte Zielgruppe lässt sich auf der
anderen Seite auch nicht benennen.
Alexandra Künzler
Wenn du sagst es sind all deine Erfahrungen darin erhalten, ist er ja
sicher auch bis zu einem Teil biographisch, also auch sehr
wissenschaftlich? Meinst du das mit schwer zu verstehen?
Bodo Lampe
Nein, um Wissenschaft geht es eigentlich kaum. Biografische Elemente
sind sicherlich enthalten. Um etwas konkreter zu werden: der ganze Roman
spielt an einem einzigen Tag, aber dieser Tag ist eine Allegorie auf ein
ganzes Leben. Das heißt der Roman fängt morgens an mit einer Art Geburt,
und die Protagonisten in der ersten Hälfte sind vorrangig junge Leute,
ein paar Schüler, die einen Vormittag an der Schule erleben, mit
Schulstunden und Konflikten, die sprachlich experimentell verarbeitet
sind, während nachmittags und abends geht es hauptsächlich um Leute im
mittleren Alter.
Alexandra Künzler
Hast du den Roman bewusst in 2 Teilen heraus gebracht? Oder war das mehr
Zufall?
Bodo Lampe
Ich habe ihn inzwischen so umgebaut, dass die beiden Teile ineinander
greifen, und man nicht wirklich von 2 Teilen reden kann. Zum Beispiel
gibt es im zweiten Teil ein Kapitel, in dem die Schüler abends eine
Party feiern, und im ersten Teil läuft einer der Mittvierziger durch die
Stadt und überdenkt sein Leben.
Ursprünglich gab es übrigens nur die Idee für den 2. Teil, wo etwas
gesetztere Leute sich abends an einem Stammtisch treffen, und ihre
Probleme besprechen. Aber das hat sich dann ausgeweitet. Diese älteren
Leute sind zum Teil die Eltern und Lehrer der Schüler, so dass es viele
Verbindungspunkte gibt. Ich kann auch nicht sagen, dass der Roman schon
endgültig fertig ist. Es wird sicher noch etwas dazukommen.
Alexandra Künzler
Also ein Roman, der mit dir mit lebt, so zu sagen!?
Bodo Lampe
Eine never-ending story, ja.
Alexandra Künzler
Was liegt dir denn ganz besonders am Herzen was dieses Buch angeht?
Bodo Lampe
Ich habe mehrere andere Projekte dafür zurückgestellt, weil ich mir
gedacht habe, Trojaner - das muss es jetzt sein. Andere Ideen habe ich
eingearbeitet, zum Beispiel Rückblenden über eine Liebesbeziehung oder
Zukunftsvisionen oder surreale Rauschgifterfahrungen. Wichtig ist mir
dabei immer, dass der sprachliche Stil nicht konventionell ist, sondern
dass ich etwas ausprobiere, und zwar in jedem Kapitel auf andere Art, so
dass jedes einen besonderen, charakteristischen ‚Sound‘ bekommen hat.
Ich denke, konventionelle Romane gibt es genug, und zwar auch sehr gute,
mit denen ich vom Stil gar nicht konkurrieren könnte. Bei mir gibt es
schon auch Abschnitte, die im gewöhnlichen Sinn als gelungen, witzig
oder unterhaltsam bezeichnet werden können, aber das Gewicht liegt
eindeutig auf Elementen, die beim ersten und vielleicht auch beim
zweiten Lesen völlig unverständlich erscheinen, weil sie gar nicht in
einer bekannten Sprache verfasst sind. - Nur das lateinische Alphabet,
das benutze ich meistens.
Vom Inhalt her gibt es durchaus einen roten Faden, den man verstehen
kann, wenn man sich mit dem Text länger beschäftigt: Im Kern geht es um
eine Familie: Vater, Mutter, Sohn und Tochter, was die in der Moderne
oder Postmoderne erleben oder wichtig finden, wie die sich an der
Wirklichkeit reiben oder sich mit ihr arrangieren.
Das ist es dann vielleicht auch, was mir am Herzen liegt: dass ich diese
Sichtweise der Welt, die ich habe, anderen zugänglich machen will. Denn
auch wenn das die Texte schwierig zu lesen ist, geht es mir natürlich
schon auch darum, gehört zu werden.
Alexandra Künzler
So wie du das Buch beschreibst ist für jeden etwas dabei, also jeder ist
entweder Sohn oder Mutter, Vater oder Tochter, doch es scheint mir nicht
einfach zu sein sich mit den Protagonisten zu identifizieren. Im
Allgemeinen scheint mir das Buch keins zu sein das man einfach mal so
durch liest sondern eben zum denken anregt. Was ja nicht schlecht ist.
Besteht aber nicht die Gefahr das die meisten Leser dann das Buch zu
früh aus den Händen legen weil es einfach zu schwer zu lesen ist?
Könntest du es verstehen wenn das passieren würde...?
Bodo Lampe
Ja, das ist natürlich eine mögliche Reaktion. Es ist halt keine
Unterhaltungslektüre, und man muss sich, glaube ich, schon viel Zeit
nehmen.
Alexandra Künzler
Beschreibe dein Buch in einem Satz.
Bodo Lampe
E Lite hohley.
So war eigentlich der Titel des zweiten Teils, der ja zuerst ein
eigenständiger Roman werden sollte. Dieses Wortgebilde hat etwas mit
Licht und Leere zu tun.
Alexandra Künzler
Interessante Entwicklung.
Bist du an einem neuen Buch dran?
Bodo Lampe
Ich möchte mich korrigieren. Für den Gesamttext vielleicht doch keine
gute Beschreibung, sondern: es geht in dem Roman um Stadtbewohner
(Trojaner), die ihr Leben leben.
Ich bin dabei, die Trojaner um weitere Abschnitte zu ergänzen: um die
Zukunftsaussichten einer Beziehung zwischen zwei der Hauptfiguren
(geschrieben als Futur-Konditionalform), um Gedanken, Empfindungen und
pubertäre Konkurrenzkämpfe angesichts eines Sternenhimmels auf einer
Dachterrasse, und vielleicht um ein Ende, in dem der Tod einer Figur
eine Rolle spielt.
Alexandra Künzler
Klingt so als hättest du das schon einiges im Kopf wie es weiter gehen
soll, also nicht nur so eine Ahnung wie es sein könnte.
Bodo Lampe
Das stimmt. Andererseits ist der Roman, so wie er jetzt existiert, für
sich bereits abgeschlossen, das heißt er ist zu Ende geführt und man
kann ihn verstehen, ohne diese Zusatzkapitel.
Alexandra Künzler
Also würde es auf einen Mehrteiler oder zumindest einen 2teiler heraus
laufen.
Bodo Lampe
Ich weiß nicht, ob du den Mann ohne Eigenschaften kennst, von Musil. Da
gibt es vom Verlag einen autorisierten Hauptband, und dazu noch einen
zweiten Band mit Kapiteln, die Musil nicht in seinem
Haupthandlungsstrang untergebracht hat. So ähnlich ist es auch bei mir,
nur dass ich versuche, so viel wie möglich in die Gesamterzählung
einzubauen, so dass es letztlich doch bei einem Einteiler bleibt.
Alexandra Künzler
Nein, ich muss gestehen ich kenn weder den Autor noch eben das besagte
Buch. Aber ich verstehe was du meinst.
Bodo Lampe
Der Roman hat jetzt etwas über 1000 Seiten. Ein Problem ist natürlich,
dass man in Buchform nicht beliebig dicke Bücher drucken kann. Bei den
Dateien auf eBook's, die man in Zukunft haben wird, gibt es so eine
Beschränkung ja nicht mehr.
Alexandra Künzler
Stimmt, da haben eBook's ihre Vorteile. Heißt dass, das du dir überlegst
das nächste mal ein eBook raus zu geben?
Bodo Lampe
Ja, genau. Man kann auch jetzt schon meinen Roman als pdf-Datei im
Internet herunterladen, von meiner Homepage bodolampe.de
Alexandra Künzler
Also bist du offen für das neue Medium.
Ich persönlich war ja bis vor kurzem auf Kriegsfuss mit dem eBook, aber
das hat sich inzwischen geändert.
Bodo Lampe
Vom Lesen her ist das natürlich auch nicht so schön wie ein richtiges
Buch in der Hand zu halten. Aber ich glaube, das ändert sich, wenn sich
die Technik weiterentwickelt. Ich sehe das dann als große Chance, gerade
für Stoffe, die nicht so viele Leser haben und wo sich die Verlage
zweimal überlegen, bevor sie es drucken.
Alexandra Künzler
Das kommt dazu ja. Ich drück dir auf alle Fälle die Daumen für dein
weiteres Schaffen und viel Erfolg für dein Buch Trojaner!
Bodo Lampe
Danke, Alexandra.
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